Labyrinth-Konzert 25. Mai 2025
In der Tuffner Möbelgalerie fand am Sonntag, den 25. Mai das Labyrinth-Konzert mit einem Mobile, Worten und Klängen der Ensembles crescendo und KuK statt. Eine bereichernde Veranstaltung in jeder Hinsicht!

















Labyrinth und Mobile: Thematisches Präludium zu VERLUST & FINDEN
anlässlich des Labyrinthkonzerts in der Tuffner Möbelgalerie am 25.5.2025.
Alles Lebendige ist bewegt, stellten die alten Philosophen – Aristoteles und Konsorten – fest. Bewegung, ob sichtbar oder verborgen bestimmt alles, und wesentlich auch menschliches Leben.
Labyrinth und Mobile sind Symbole für die Erfahrung von Bewegung, von Bewegtheit und Bewegt-Werden.
Labyrinthe stehen für unübersichtliche Wegstrecken, für Sackgassen, für Irrwege, für zwingende Richtungswechsel, um ans Ziel zu gelangen oder einen Ausweg zu finden. Wo allerdings Mauern den Blick verstellen, wird ein Labyrinth zum klaustrophobischen Abenteuer. Das Entkommen aus dem Orientierungsverlust hängt dann am seidenen Faden, welcher in der Lebensbewegung mitläuft, und, wenn er aus der Hand fällt oder abreißt, gesucht und bestenfalls wieder gefunden und zusammengeknüpft werden muss.
In einem ornamentalen Labyrinth, das betrachtet oder beschritten werden kann – so wie im Hof der Tuffner Möbelgalerie – artikuliert sich die Erwartung, dass die Lebensbewegung zum eigenen innersten Kern führen kann und von dort einen guten Ausgang findet.
Während das Labyrinth den Weg vorgibt und geradezu erzwingt, bildet das Mobile im Kontrast dazu einen nicht definierten Raum ab. Im Mobile geschieht Bewegung wie zufällig durch energetischen Impuls: Durch Luft oder Anstoß schwingen und pendeln die Elemente, bis sie wieder in Balance und zu einer labilen Ruhe kommen. Die Bewegungen im Mobile sind chaotisch, d.h. nicht eindeutig und nicht definierbar. Im Mobile artikuliert sich Leichtigkeit, die freilich schnell ein Ende hat, wenn die Bewegungen zu heftig werden und sich die Teile ineinander verheddern, so wie das bei unserem Mobile im Eingang des Gebäudes geschehen ist. Dann ist auch das Mobile längst nicht mehr so mobil wie geplant.
Labyrinth und Mobile können symbolisch die äußeren und inneren Zustände des Menschen darstellen: Hier der vorgegebene Lebensweg, Alltagsroutinen, gesetzte Normen und Beschränkungen. Dort die Sehnsucht nach Freiheit, nach Weite, nach Abweichung. Und beides nicht voraussetzungslos: Das eine angelegt auf dem Boden der Tatsachen, das andere abhängig von einem wie auch immer gestalteten Oben.
Labyrinthische und mobile Zustände spielen zusammen in den vielfältigen menschlichen Verlusterfahrungen und in den daraus erwachsenden Strategien des Zurückfindens ins Leben.
Labyrinth und Mobile bilden also die thematischen Vorzeichen für das Projekt VERLUST & FINDEN, welches während des Kulturhauptstadtjahres in verschiedenen Aktivitäten Ausdruck findet und in einer großen Ausstellung hier in der Tuffner Möbelgalerie von Mitte September bis Mitte November präsentiert wird.
Sieben Künstlerinnen stellen sich in je eigener Weise der tabuisierten Erfahrung von Verlusterleben und den daraus erwachsenden – allerdings wenig wahrgenommenen – Fähigkeiten einer Resilienz, die Lebenskräfte und schöpferische Energie freisetzt, um Verluste zu bewältigen und erneut Stand und Halt zu finden.
Christiane Kleinhempel, die das Mobile kreiert hat, befasst sich mit der Metamorphose zwischen Verlust und Finden. In der Arbeit SOKOGAI, einer Speicherstadt aus Zeichen, Buchstaben und Wissen, erhält Bedeutungsverlust eine Gestalt, die das Finden von Verlorenem herausfordert oder gar infrage stellt.
Cornelia Zuk macht mittels Filmsequenzen und Begegnungen in Zwischenräumen die Kraft der kleinen Kreise erlebbar. Spuren führen vom Ich zum Du und zu Resonanz und Dialog als sich einfindenden Schritten zum Frieden.
Dagmar Zemke tritt mit graphischen Arbeiten in einen spannungsreichen Austausch mit den Klang-Text Installationen der Lyrik von Hildegard König: Gedanken, Augen, Ohren verfolgen je eigene Wege des Findens, die sich treffen, kreuzen, aber auch verpassen können.
Doreen Grün rückt individuell erlebte Gefühle von Trauer und Verlust ins Zentrum ihrer Arbeiten: Wie umgehen mit Personen, die nicht sind, die nicht mehr sind? Wie umgehen mit der Leere? Spuren, Fundstücke und Gedanken fügen sich zu Skulpturen und Installationen, Fotografien und Texte treten in Kommunikation mit dem Gegenüber.
Katharina Leis nähert sich dem Thema VERLUST & FINDEN auf biographischem Weg. Die Familiengeschichte von Flucht und Vertreibung nach dem 2. Weltkrieg lässt sie von „Doheim“ nach „Zuhause“ gehen und wahrnehmen, wie eine Landschaft die Menschen zurückgewinnt. Collagen aus Zeitzeugnissen und Erbstücken bilden die Brücken dazwischen.
Auch Heda Bayer macht den Verlust von Besitz und Eigentum zum Gegenstand ihrer Performance: Möbel, Bräuche, Gewohnheiten werden zu Haltepunkten an fremden Andersorten und erlauben, dass im Neuen Altes sich einrichten kann und Erinnerungen ein Zuhause finden.
Die einzelnen Präsentationen finden in der Tuffner Möbelgalerie ihren je eigenen Ort auf den verschiedenen Etagen. Besucher und Besucherinnen suchen ihren Weg zu den Objekten. Die Tuffner Möbelgalerie wird so zum Erkundungsterrain und zum Raum, in dem sich vielfältige Prozesse des Findens erleben lassen.
Dr. Hildegard König
Der Flyer


Auftaktveranstaltung 7.2.2025
Ein gut gefülltes Kino, interessiertes offenes Publikum, wundervolle Musik, einladende Performance, bewegende Gespräche – und ein Film, der Menschen berührt, sich mit dem Thema Verlust und Finden und den eigenen Prozessen dazu auseinander zu setzen.
Das war der Abend der Auftaktveranstaltung am 07.02.25 im Clubkino Siegmar:
Oboe Solo Stück des Chemnitzer Komponisten Thomas Stöß, Auszug aus dem Werk „Reflektionen zum Sonnengesang von Franz von Assisi“, vorgetragen vomnvon der freischaffenden Musikpädagogin Marie Meinhold.
Poesie Performance „Verlust und Finden lost&find“ von Cornelia Zuk im Zusammenklang mit Künstlerinnen des Vereins.
Film: „Wir sind die Veränderung“ F 2022
Regie: Benjamin Best
Gesprächsrunde, moderiert von Cornelia Zuk, Prozessbegleiterin für Persönlichkeitsentwicklung und Ausstrahlung,
mit Elke Jeanrond Premauer, Begegnungs- und Filmdreh Ort Château d‘Orion, Frankreich,
mit Margarete Zuk, ehemalige Praktikantin im Château d‘Orion
und Dorothea Tuffner von der Möbelgalerie Tuffner, Chemnitz
Traditionell Yiddish Klezmer „Fun der Khupe“ vorgetragen von den Musikpädagogen Gwendolin Kyra Schmerer und Luca Berenth.
Vielen Dank an alle, die zu einem wunderbaren Erlebnis und intensiver Begegnung im Auftakt des Projektengagements von Verlust&Finden Kunstprojekte e.V. beigetragen haben.
Zitat aus der interreligiösen Begegnung – der Film:
„Wir haben Kettfäden gespannt und werden eine neue Geschichte hineinweben. So wird ein Tuch entstehen, das die Welt neu kleiden wird“
Schön, dass Sie dabei waren.
verlust & finden
von Cornelia Zuk
gestern
vergangen getrübt
schmerzlich fatal und
todesgeküsst
in Wartestarre lauschend
ein Rauschen durchdringt jäh
durchgeweht – wie von Spinnennetz durchwoben
dann brausend
die Stille
mach Platz
oh Trübsal
oh Trauer unendliche Wehmut
sanft kühl salzige Tropfen
mehr noch mehr
und doch
atmen atmen atmen atmen atmen atmen atmen atmen…
stechend pochend
Wellen durchflutender Hauch
und dann
wieder Stille
innen
ein blass farbener Strom
leichtes zittern silberfarben getränkt
durchzogen mit wachsam prickelnder Glut
aufsteigend
warmherziger Trost
fallen
fallen
lassen
blinkernde Schwebeteilchen mit Ornamenten
wie Pusteblumenschirmchen
zart
und doch
forsch fordernd
schlierenfreie Klarheit
weit weit
greifbar?
Leer
wo? wo? wo? wo? wo? wo? wo? wo?…
die Lippen geformt
nichts
und weiter
flammende Vorsicht
schaffender Raum
rund
erweiternde Quelle von tanzender Weite
mutige Signifikanz
Berührbarkeit
klopfendes poch poch poch poch poch poch poch poch…
umdrehen
nur als kurzes Intermezzo
von fragendem Sinn
ausgerichtet
ein Wurzelzweig hält
darüber
frei schwingend
taumelnd doch leichtfüßig
vibrierender Klang Klang Klang Klang Klang Klang Klang Klang…
von hoffnungsvoller Bedeutung
tief tief geerdet
aufstrebend zugleich
spiralförmige Faser wechselt mit prudrigem Flaum
auf
auf
offen offen offen offen offen offen offen offen…
hoffen hoffen hoffen hoffen hoffen hoffen hoffen hoffen…
offen offen offen offen offen offen offen offen…
Worte pulsierender Hall
lost and find



Cornelia Zuk und Dorothea Tuffner

Elke Jeanrond-Premauer und Cornelia Zuk.
Photos: Rainer Zuk
Verlust und Finden
von W. Ullrich
Verlust birgt meist den Schmerz mit tiefem Empfinden,
kontrolliert was Gewesen und Vergangen,
kein Bedauern, von sich aus, es je zu begründen
und die Suche nach dem was wir plötzlich ersehnen,
hinterlässt auf Seiten was war ein gelangweiltes Gähnen.
Nicht schüchtern sich dem Verlust unterwerfen, gar gekrümmt wo der Blick seine Sicht verliert,
es ist nicht das Vermisste welches uns beherrscht,
meist nur das eigene Ich, was den Verlust nicht toleriert.
Der Empfindung neue Bedeutung geben,
den Ort verlassen, welcher von Gedanken verwaist,
mit gutem Gewissen zurück in Welt und Leben,
was im Kleinen gedeiht und das Große verheißt.
Das Glas halb voll, das Glas halb leer,
ich trinke vom köstlichen Trank
der Gewissheit,
auch wenn es mich kostet an Zeit und Geduld,
zu finden das mit Wasser gefüllte Meer.